Entspannung,  Gedankenflug,  Kinderlosigkeit

Ruhe

Das Wohnzimmer ist lichtdurchflutet. Die Sonne steht hoch am Himmel und wird noch mehrere Stunden brauchen, bis sie unter geht. Und dabei haben wir bereits halb sieben am Abend.

Hier in der Wohnung ist es ruhig, nur durch das gekippte Fenster tanzt fröhliches Vogelgezwitscher zu mir herein. Fast schon ein bisschen kitschig.

Heute mag ich kitschig.

Der Gatte hat sich für eine Woche in den Schwarzwald verabschiedet, ich selbst bin hier geblieben um zu arbeiten. Jetzt bin ich allein.

Vor einigen Jahren hätte es mich noch panisch werden lassen, wenn sich mein Mann für sieben Tage verabschiedet hätte. Inzwischen genieße ich die Ruhe. Die Möglichkeit, diese Wohnung für mich alleine zu haben. Mich mit Essen und Schlafrhythmus nicht anpassen zu müssen. Mit Erstaunen habe ich festgestellt, dass ich mich auf diese Woche freue. Auch wenn ein Teil von mir den Sonntagabend und das Wiedersehen herbeisehnt, der Rest ist erstaunlich ruhig.

Das Alleine sein (wenn auch auf Zeit), erschreckt mich nicht mehr. Ich habe gelernt es zu genießen.

Wann immer ich Freunde mit Kindern besuche, bin ich überrascht wie laut, quirlig und lebendig ein Haus oder eine Wohnung sein kann. Ich genieße dort die herumliegenden Spielsachen, das Küchenchaos und die selbst gemalten, stolz aufgehängten Bilder. Alles in diesen Wohnungen scheint zu rufen: hier wird gelacht, gestritten, gelebt. Ich freue mich, wenn ich spüre, wie willkommen ich in diesen Wohnungen bin. Aber ich freue mich auch, wenn ich wieder in mein stilles Refugium zurückkehren kann.

So sehr mich Corona aus dem Takt gebracht hat, so sehr habe ich doch die Lektion in Langsamkeit und Stille gebraucht. Es war und ist ein intensiver Lernprozess.

Veränderungen brauchen Zeit. Lernen braucht Zeit. Sich anpassen an Situationen, ausprobieren, scheitern, neu justieren – das alles braucht Zeit. Bin ich bereit mir und anderen diese Zeit zuzugestehen?


Inzwischen ist es 21:51 Uhr. Die Sonne ist untergegangen und es ist still draußen geworden. Ich habe keine Ahnung, wo die letzten Stunden hingegangen sind. Ich scheine mich in Gedanken verloren zu haben. Wie den ganzen, ruhigen Tag schon.

Um es mit einem Postkartenspruch auf den Punkt zu bringen:

Heute nichts erlebt – auch schön. 🙂

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