alltägliches

Wäsche falten

ouTube. Fasziniert verfolge ich auf dem Bildschirm, wie die bildhübsche Asiatin Marie Kondo ihre Wäsche zusammenlegt, so dass am Ende ein akkurat gefaltetes Rechteck entsteht. Das Wäscherechteck steht auch noch aufrecht, so dass man es in einer Schublade platzieren kann und jederzeit ran kommt, ohne alles andere herauszurupfen. 

„Clever.“, denke ich mir und schiele zu meinem Schrank, in dem sich T-Shirts stapeln – oder sagen wir besser häufen (im ungünstigeren Sinn des Wortes).

Ich bin begeistert! Mir ist nach Falten! 

Doch vorher gibt es noch eine Hürde: „Umgebe Dich nur mit Dingen, die Dich glücklich machen und trenne dich von allem anderen.“, lächelt mich die Beraterin über den Bildschirm an.

Wie? Ich soll meine Sachen hergeben? Glücklich oder nicht, meins ist meins!

Aber ich bin tatsächlich angefixt. Morgens einen Schrank zu öffnen, in dem ausschließlich Klamotten hängen – nein stehen -, die ich mag, und die mir nicht gleich fröhlich entgegen fallen, hat was. Also mach ich mich ans Ausmisten.

Zunächst nur innerlich. Denn dumm ist, dass zu der Methode dieser Frau gehört, alle Gegenstände einer Kategorie (in diesem Fall Kleidung) aus sämtlichen Zimmern und Schränken an einem zentralen Platz der Wohnung zu sammeln. Und schließlich nur noch das zurück zu räumen, was man auch behalten will. Mir schwant, dass das eine größere Aktion wird – für die mein Mann wahrscheinlich wenig Verständnis aufbringen kann. Außerdem will ich vermeiden, dass ihm bewusst wird, was ich alles besitze. Wie soll ich sonst künftig in Frieden jammern, dass ich nichts anzuziehen habe?

Doch ich habe Glück: der Gatte ist am Wochenende verreist – sturmfrei. Voller Engagement räume ich Samstag Morgens also die Schränke leer und staple meine Kleidung auf dem Bett: Sommer, Winter, Geht-immer-Zeug, Sportsachen, Jacken, Hemdchen, Socken, Gürtel, Schals und Tücher, Schuhe. Es dauert nur eine viertel Stunde. Als ich das Ergebnis meines Tuns mit vollem Bewusstsein wahrnehme, ist es bereits zu spät.

Ein riesiger Haufen an Klamotten, der sich auf, vor und neben dem Bett stapelt. Mir wird etwas flau. Die nächsten Minuten verbringe ich in der Küche und versuche mich erst einmal zu sammeln.

Einige Zeit und mehrere Kaffees später betrete ich vorsichtig das Schlafzimmer. Sind das wirklich alles meine Klamotten? Ich bin keine Shopping-Queen, wirklich nicht. Das letzte Mal, dass ich gezielt Shoppen war, ist mehrere Jahre her. Ansonsten bin ich eher auf Tauschbörsen unterwegs. Aber ich bin auch unwillig irgendetwas wegzuwerfen. Offensichtlich. So stakse ich durch die Wäscheberge und versuche einen Punkt zu finden, bei dem ich beginnen könnte. Ich finde einen Platz, der leer genug ist, dass ich mich im Schneidersitz niederlassen kann.

Und dann gehe ich die Kleidung durch. Jedes einzelne Stück. Frage mich, ob ich es gerne trage, ob ich mich darin wohlfühle. Es bilden sich Stapel: ‚Ja‘, ‚Nein‘, ‚Weiß nicht‘. Der Weiß-nicht-Stapel wächst am schnellsten.

Als ich nach zwei Stunden durch bin, ist der Ja-Stapel sehr übersichtlich. Der Nein-Stapel auch. Mein Blick wandert zum Ich-weiß-Nicht-Stapel. Warum ist das so schwer? Ich nehme das erste Teil in die Hand. Eine Hose, die ich unbedingt haben wollte. Weil Sie an dem Model im Katalog so schön aussah. Mir war sie deutlich zu lang und saß auch sehr knapp, aber ich fühlte mich wie das Model. Und außerdem würde ich ja abnehmen und dann würde sie mir toll stehen!

Ich hab nicht abgenommen. Bis heute nicht. Und diese Hose reibt mir genau das unter die Nase. Nein, keine Glücksgefühle bei dieser Hose. Aber wenn ich sie hergebe, muss ich mich von der Illusion trennen, mit meinen 162 cm jemals wie ein 1,80 m großes, sommersprossiges Schwedenmodel auszusehen. Mir wird vage bewusst, dass keine Diät der Welt meine Beine um 18 cm wachsen lassen wird. Kurz kämpfe ich mit mir, dann wandert die Hose auf den Nein-Stapel.

Als nächstes kommt ein T-Shirt, in das ich mal gepasst habe. Eines meiner wenigen Konzertshirts. Ich war so stolz darauf. Inzwischen zeigt es mir, dass ich die Konfektionsgröße gewechselt habe. Es wandert auf den Nein-Stapel. Und überrascht stelle ich fest, dass ich erleichtert bin. Ich werde mich in dieses Shirt nicht mehr zurück hungern. Weitere Teile folgen. Manche schaffen es auf den Ja-Stapel, weil sie letztendlich doch ein Lächeln auf mein Gesicht zaubern. Aber die meisten Dinge werden mein Leben verlassen.

Abends sitze ich mit Jesus zusammen im Wohnzimmer. Ich fühle mich gleichzeitig befreit und erschöpft. Das war anstrengend. Im Flur stapeln sich die Tüten. Ich werde sie Montags zur Kleiderkammer bringen. Ein Teil ist auch in den Müll gewandert.

Ich bin nicht grundsätzlich gegen Besitz und ich habe auch nicht vor auf die Minimalismuswelle aufzuspringen. Aber ins Nachdenken bin ich gekommen. Da sind Dinge in meiner Wohnung – meinem Rückzugsort, meinem Nest – die mir ein Gefühl der Minderwertigkeit vermitteln. Zum Beispiel nicht groß genug, nicht dünn genug zu sein und außerdem noch falsch proportioniert.

Mir kommt Psalm 139 in den Sinn.

Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.

Ich lehne mich entspannt zurück und genieße das Gefühl, heute einen Kampf gewonnen zu haben. Auch wenn mir bewusst ist, dass das nicht der letzte seiner Art gewesen sein wird. Ich bin leider sehr anfällig für Werbelügen und nur allzu bereit ihnen zu glauben. Vielleicht auch deswegen, weil ich sie viel öfter höre als Worte von Gott über mich. Schade, denn diese sind viel netter.

Zeit den Fokus zu ändern und ein bisschen mehr Liebe und Wertschätzung in mein Leben zu lassen. Ich glaube die nächste Bibelarbeit möchte ich darüber machen, was Gott so über die Schönheit seiner Kinder denkt. Die Innere und die Äußere. Und darauf freue ich mich.

Und das mit dem Kleiderschrank hat übrigens funktioniert. Ich mache ihn nun gerne auf. Und ich darf jetzt außerdem mit vollem Recht jammern, dass ich kaum was zum Anziehen habe. 🙂 Aber Modelklamotten kommen mir da nicht mehr rein. Nicht mal gefaltet. 

10 Comments

  • Christina

    oh wow! Dein Kleiderschrank!!!! Schau dir das nur an – wie schön aufgeräumt. Das hast du gut gemacht! Oh weh, ich muß DRINGEND meinen ausmisten. Und endlich weg mit den Klamotten die mir vielleicht mal noch irgendwann passen könnten (so zwei Tage lang, nach dem nächsten Novo-Virus). Und JA – wir sind wunderschön, DU bist schön, innen und außen – vergiss die merkwürdig, staksiken, armen Modelmädchen. Hab dich lieb!!! Danke für den tollen Text!

  • Katrin

    Da hast du dir ja eine Menge Arbeit gemacht, sowohl mit dem Ausräumen als auch mit dem Artikel. Danke dafür! Dienstag könnte mein Lieblingstag werden…..

  • Petra

    Verrückt, ich lese auch gerade Marie Kondo. Und gestern war Badezimmer Kramkiste ausmisten. Brauchst du vielleicht einen Lockenstab……;-)??
    An meine Klamotten habe ich mich noch nicht gewagt, aber dies Gefühl der Erleichterung stellte sich auch nach dem leeren der Kramkiste schon ein. Und nun würde ich am liebsten weitermachen, aber……am Wochenende fahren wir in Urlaub und bis dahin muß noch dies und das erledigt werden. So muß der Kleiderschrank warten und mein weiteres Erleichterungsgefühl auch.
    Also, dein „Nachher“ Bild ist echt beeindruckend!!!!! Herzlichen Glückwunsch!!!!
    Was ich beim Ausmisten und Aufräumen liebe, ist das innere Sortieren. Mir geht es zumindest so, dass da immer was von außen nach innen sickert. So eine Zufriedenheit, eine Tatkraft. „Schaffenskraft“ – ich habe Kraft, etwas zu schaffen……
    Und nun ist genug des Philosophierens, herzliche Grüße aus Heidelberg,
    Petra

  • Nic

    Hallo Tine!

    Finde ich gut! Obwohl ich regelmäßig ausmiste, finde ich oft alles ZUVIEL Zeug und möchte mich trennen. Ich sehe, ich werde mal wieder ausmisten!

    LG, von unten nach oben (zur K’er Höhe hoch).

    N

  • Frau Vorgärtnerin

    WAS?!? es gibt keine Diät, die Beine wachsen lässt?!!?? Das soll alles lüge gewesen sein?
    Ich bin entsetzt. !!!
    Lügen haben offensichtlich wirklich kurze Beine 😀

    Die Idee mit der Bibelandacht hab ich quasi schon übernommen.
    Am 20.8., so Gott will, bin ich dran, und ich hab nur zugesagt, weil die Tageslosung dafür so geil ist.
    Glücklich das Volk, dessen Gott der Herr ist! (Ungefähr zitiert)
    Aber das passt ja prima zusammen.

    Du könntest ja übrigens auch mal bei uns predigen.

  • Tine

    Ach, Ihr Schätze! Danke für Eure lieben Kommentare.
    Ich lache immer noch :-D; es macht so Spaß mit Euch.

    Lockenstab…ich glaub, so ein Ding hat auch jeder zu Hause…ich kenn‘ nur niemanden, der ihn benutzen kann, ohne sich und andere ernsthaft zu gefährden.

    Ein lieber Gruß an Euch. Und an alle, die wegfahren: einen wunderschönen und erholsamen Urlaub!

    Eure Tine

    P.S.
    Viel Segen für deine Predigtvorbereitung Frau Vorgärtnerin. Die Tageslosung ist super! Kann man die Predigt auf Eurer HP anhören?
    Und ich würde mich freuen mal bei Euch vorbei zu schauen. Gerne auch mit einer Predigt im Gepäck.

  • Sonja

    Liebe Tine – wie lustig, das Buch habe ich auch grad gelesen und gleich bei den Kleidern angefangen! Bin superglücklich damit! (Muss allerdings sagen, dass ich schon immer gerne ausgemistet habe.) Genau wie du schreibst: Kleider, die einen ständig ans Versagen oder ans investierte Kapital erinnern, sind einfach nur eine Last… Der Inhalt des Buchs arbeitet innerlich weiter, auch in den Ferien. Es ist eine ganz veränderte Lebenseinstellung: Was brauche ich WIRKLICH? Danke für den Post, er motiviert mich! Herzlichst Sonja

  • Doro

    Liebe Tine, wie schön deinen Blog zu lesen, auch wenn ich es nur alle 1-2 Wochen schaffe(schäm). Doch heute war es besonders hilfreich, um abgelenkt vom jammern der Kinder zu sein, die nicht schlafen wollten. Ich verstehe es einfach nicht, ich würde mich freuen so viel schlafen zu dürfen, wie sie:P

    Vielleicht sollte ich auch mal dieses Buch lesen, dann würde nicht mehr diese kreative Ordnung bei uns herrschen…

    Danke, dass du uns so liebevoll und unterhaltsam an deinem Alltag mit Gott teilhaben lässt.
    Fühl dich lieb umarmt. Doro

  • Nicole Katharina

    Liebe Tine
    wie toll, dass du das mit dem Kleiderschrank anpacken konntest.
    Ich gebe zu, vor ihm grause ich mich derzeit am meisten.
    Küche und Wohnzimmer(was gleichzeitig Arbeitszimmer, Schlafzimmer und so ist, war leichter).

    Aber in einem Punkt hast du wirklich recht, wer loslässt, kann wieder neues gewinnen, und dein Kleiderschrank darf nun wieder neu gefüllt werden mit neuen Lieblingsteilchen :).

    Liebe Grüße
    Nicole

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