Entspannung

Entspannen für Anfänger

Hallo zurück!

Danke, dass ihr auf mich gewartet habt.

Was in den letzten Wochen geschah….

Es ist ein Tag nachdem ich euch geschrieben habe, dass ich eine Pause brauche.

Nun starre ich abwechselnd auf den Terminkalender und das Telefon. Heute habe ich mein Mentorengespräch. Am liebsten würde ich es verschieben, weil ich mich so schäme. Ich fühle mich antriebslos, habe gleichzeitig Sehnsucht nach Jesus, aber keinerlei Lust zu beten. Was soll ich meiner Mentorin sagen: „Danke, dass du Zeit, Aufmerksamkeit und Kraft in mich investierst, aber hast du was dagegen, wenn ich mich ins Bett lege, während wir telefonieren?“

Absagen will ich den Termin aber auch nicht, immerhin hat sie das Zeitfenster seit Wochen für mich frei gehalten. Da klingelt auch schon das Telefon. Ich beschließe die Flucht nach vorne und antworte ehrlich auf die Frage, wie es mir in den letzten Wochen ging. Das fällt mir sehr schwer. Ich würde lieber sagen, dass ich in meinen Projekten weiter gekommen bin, dass ich mich in den Fürbittegebeten für meine Gemeinde verliere und nun eine Auszeit gemeinsam mit Jesus habe um „Gartenarbeit“ zu betreiben, wobei natürlich ein Großteil der Arbeit bereits erledigt ist. (Der Entschluss ist ja auch schon 48 Stunden alt.) Ja, das würde ich gerne sagen.

Stattdessen muss ich zugeben, dass gerade überhaupt nichts läuft. Dass ich Schwierigkeiten habe morgens aus dem Bett zu kommen, und dass mir vor der Aussicht auf eine weiteren, endlos langen Tag graut. Dass ich nicht weiß woher es kommt, denn ich bin am richtigen Platz in meinem Leben und ich bin dort mit wunderbaren Menschen. Ich habe keinen Grund zur Klage. Doch statt Dankbarkeit wachsen in mir Neid und Bitterkeit. Statt Energie erlebe ich Erschöpfung. Trauerarbeit ist anstrengend und konfus und überhaupt nicht…effektiv. Und außerdem ist meine Wohnung dreckig. Über meinem Kopf scheint ein riesiges Neonschild zu blinken. ‚Versager‘. In rot. Ich guck schon gar nicht mehr nach oben.

Der Heiterkeitsausbruch meiner Mentorin irritiert mich.

In meiner Fantasie, die sich in den letzten Tagen in skandinavienkrimifarbener Beklemmung entwickelt hat, hatte sie kühle Sätze gesagt wie: „Mädchen, bekomm dein Leben auf die Reihe, so kann ich mit dir nicht arbeiten.“ Oder etwas realistischer: ernstes Schweigen, tiefes Einatmen und dann fürsorgliches „Nun reiß dich aber mal zusammen.“

Nichts von alle dem. Meine Mentorin lacht. Ein heiteres, amüsiertes Lachen, das die schweren Vorhänge ein Stück anhebt und etwas Licht und Farbe in meinen Kopf bringt. Als sie sich wieder beruhigt hat, reden wir kurz über die Bitterkeit. Dann gibt sie mir einen Gebetsimpuls, ich bete, sie schweigt. Und Jesus zeigt mir, wo die Ursache meiner Bitterkeit liegt. Einfach so. Innerhalb von einer Minute. Die Wurzel liegt vor mir, die ich doch in wochenlanger Arbeit suchen und ausgraben sollte. Ich musste nichts tun. Nicht mal auf die Knie gehen – ich hänge nach wie vor bequem im Sessel. Mit Kaffee in der Hand und Telefon am Ohr.

Dann ‚verschreibt‘ mir diese wunderbare Frau ein ‚Rezept‘ für die nächsten Wochen. Es lautet: Entspannen. Die negativen Gefühle durchleben dürfen. Weinen. Lachen. Morgens mal liegen bleiben und eben erst später anfangen zu arbeiten. Mit Jesus schweigen, wenn es nichts zu sagen gibt. Am Tag nur die Aufgaben erledigen, die wirklich gemacht werden müssen. Immer mal Abends mit meinem Mann auf die besonderen Momente des Lebens anstoßen und die Erfolge der letzten Monate feiern. Ansonsten: kein Aktionismus, sondern lesen, Videos schauen, träumend auf dem Balkon sitzen. Ihrer Erfahrung nach sei Jesus da auch oft, man hätte also nette Gesellschaft.

Hatte ich nicht genau das so groß im letzten Beitrag geschrieben? Dass Jesus nett ist und dass es nicht nur Zeiten der Arbeit im Gemüsebeet geben wird?

Aber dass Jesus so nett ist und es gar keine Stunden im Beet geben sollte…das hat mich dann doch schlicht überfordert. Heimlich hab ich dann trotzdem ab und zu noch ein bisschen gebuddelt. Aber es gab nichts mehr zu tun. Die Ursache war klar, die Wurzel lag eingepackt bei Jesus. Irgendwann wird er sie sich mit mir ansehen. Aber nicht jetzt. Jetzt ist Entspannungszeit. Also runter fahren. Dem Rezept meiner Mentorin folgen.

Ich wusste, dass es wahr ist. Dass ich Zeit brauche. Aber Wissen ist eine Sache. Mir die Zeit und Ruhe tatsächlich zu gönnen, war ein täglicher Kampf (der nicht immer erfolgreich war). Es war als ob Jesus meinen Lebenswagen auf eine leicht abschüssige Straße Richtung Entspannung gelenkt hätte und nun fröhlich Gas geben wollte, während ich an der Handbremse hing und aus Leibeskräften schrie.

Meine Arbeit! Die Abgabetermine! Der Blog! Meine Deine Gemeinde!

Während Jesus im Fahrtwind immer wieder jubelte: „Es passiert nichts. Entspann dich, nimm dir einen Keks und genieß die Fahrt. Und heute Abend grillen wir!“

Ich war…nicht so euphorisch. Aber habe mich drauf eingelassen. Habe versucht die Stimmen, die mir sagen dass ich faul, unfähig und eine Enttäuschung bin, zu ignorieren. Habe mich in die Trauer gestürzt und in die schönen Momente. Habe versucht mich nicht zu rechtfertigen, wenn ich Mittags erschöpft auf dem Küchenfußboden saß, geheult habe und im nächsten Moment gelacht.

Ich bin dankbar, dass ich diese Zeit haben darf. Und ich bin dankbar, dass mir Menschen immer wieder die Erlaubnis zum Entspannen gegeben haben. Dass auch viele von euch sich gemeldet haben und mir zugesprochen haben, dass das jetzt okay ist. Wie hat eine ganz liebe Frau geschrieben: „Jesus mit Haut dran.“, das seid ihr für mich. Danke dafür.

Und ganz langsam kommt die Lust am Leben zurück. Die Impulse zu schreiben. Das Herzklopfen morgens, dass ein neuer Tag wartet, voller Möglichkeiten und Abenteuer. Das ist nicht jeden Tag so. Aber es gibt sie wieder, diese Tage. Und das macht mich froh. Danke, dass ihr auf mich gewartet habt.

2 Comments

  • sonja

    Liebe Tine – wie schööön, wieder von dir zu lesen. Und noch schöner, WAS… Gott sei Dank für solche weisen, wunderbaren Frauen wie deine Mentorin. Ich habe auch eine solche und möchte sie niemals missen. Von Herzen viel Segen und Sicht für diese Zeit des Entspannens, des Fahrtwindes und der Gefühle, die sein dürfen. Sei lieb umarmt! Sonja

  • Doro

    Hallo,
    ich kann Dir gar nicht sagen,wie dankbar ich Dir für solche ehrlichen und oft schmerzlichen Wahrheiten bin!!! Mir erging es ähnlich in dieser Zeit und – ja, so hat mich auch Jesus weinend am Boden aufgefunden. Im Tränen abwischen und aufrichten ist er einzigartig..!
    Umarmt von Doro

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