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So kann man also auch beten

Es ist ein sonniger Montag und mein freier Tag. Mein rechtes Bein ist noch immer schmerzfrei und ich genieße die Freiheit, die das für mich bedeutet. Früh morgens habe ich mich mit Rucksack und Wanderschuhen auf dem Weg gemacht. Es ist keine atemberaubende Tour. Es wird kaum Plätze mit Ausblick geben und die Höhenmeter sind überschaubar. Es geht viel durch den Wald, an kleinen Bächen entlang und über Felder. Entspannt. Das ist mir gerade recht.

In meinem Kopf summen die Gedanken wie ein Schwarm sehr aufgeregter Bienen. Geschäftig und ohne eine für mich erkennbare Struktur. Ich versuche gar nicht erst Ordnung reinzubringen, am Schluss gehen die noch auf mich los.
Dieser Umgang ist neu für mich. Noch vor einem halben Jahr hätte ich versucht die Gedanken einzufangen, zu sortieren und ordentlich aufzupieken. Doch heute wird nicht sortiert. Stattdessen laufe ich. Setze einen Fuß vor den anderen. Gedanken kommen, formulieren sich und sind im nächsten Moment wieder verschwunden. Die Themen passen nicht zueinander, sind durchtränkt von unterschiedlichsten Emotionen. Sie zu betrachten ist, als würde ich durch ein Kaleidoskop sehen: wirre Farben und Formen.

Beten wie ich es gewohnt bin – also Sätze mit Anliegen formulieren – hat in diesem Zustand wenig Sinn, es sei denn ich mache es laut. Das würde mich Überwindung kosten, mitten in der freien Natur. Was sollen denn die Bäume von mir denken!? Oder – noch schlimmer – andere Wanderer. Natürlich könnte ich einfach das Handy ans Ohr nehmen und so tun als würde ich telefonieren. Damit würde ich viel weniger bekloppt wirken, so lang mich keiner fragt mit wem ich telefoniere und ich antworten muss: „Mit Gott.“.

Doch ich will nicht nur nicht sortieren, ich will mich auch nicht überwinden laut zu sprechen. Mir ist gerade nicht nach Sprechen.

Mein Gebet hat sich verändert in den letzten Monaten. Jesus und ich schweigen viel, obwohl ich gefühlt deutlich mehr Zeit in seiner Gegenwart verbringe. Es ist ein angenehmes Schweigen. Nicht jenes Schweigen, das sich bei mir regelmäßig einstellt, wenn ich erfolglos versuche mit Menschen Smalltalk zu betreiben. (An alle, die das schon mal mit mir durchmachen mussten: Es tut mir furchtbar leid! Es liegt nicht an euch. Ich kann’s einfach nicht und meine Unfähigkeit ist offensichtlich temporär ansteckend.)

Nein, das Schweigen beim Gebet ist nicht unangenehm. Es ist ein vertrautes Schweigen.
Dann, manchmal, sagt Jesus etwas. Das mag ich. Ich höre seine Stimme gerne. Nicht immer bin ich mir sicher, ob er es ist, oder ob es aus mir selbst kommt. Doch auch das nehme ich inzwischen deutlich gelassener hin, denn, was soll schon passieren? Er sagt mir ja in der Regel nicht, dass ich die Welt retten oder einen Vertrauenssprung aus dem 10. Stock machen soll. Meistens sind es kleine Liebesbekundungen von ihm, die er mir zuspricht oder ein kurzer Impuls einen Menschen anzulächeln oder meine Hilfe anzubieten.

Wenn ich nicht gerade schweige, habe ich angefangen Fragen zu stellen. Ich frage Jesus, wie es ihm geht. Ob er gerade etwas auf dem Herzen hat. Ich lausche, ohne mich dem Druck auszusetzen etwas hören zu müssen. Danach schweigen wir wieder. Ich bitte Jesus mir die Dinge wichtig zu machen, die ihm wichtig sind und vertraue darauf, dass er das tun wird und das ich mit dem, was er mir sagen wird, auch umgehen kann.

Während ich gehe, betrachte ich weiter meine Gedankenfetzen, merke, wie sie mit jedem Kilometer, den ich zurück lege, langsamer werden. Viele lösen sich auf. Ich bin glücklich diesen Tag zu haben. Auf diese Weise mit Gott unterwegs sein zu können. Jahrelang war mein Gebet verkrampft (und ist es teilweise immer noch). Diese neue Art des Gebets passt so viel besser zu mir und zu der Art meiner Beziehung zu Gott. Ich bin Jesus dankbar, dass er sich so auf uns Menschen einlässt. Und das er sogar mit einem Viel-Denk-wenig-Sprech-Menschen wie mir eine Art findet Intimität zu leben.

Am Ende der Tour kommt dann ein neuer Gedanke: Kaffee und Kuchen.

Jesus sagt nichts dazu, aber ich meine sein Lächeln spüren zu können. Und dann fallen die restlichen Gedanken im Kaleidoskop an ihren Platz und ergeben: eindeutig das Bild einer Schwarzwälder Kirschtorte!

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