Sehnsucht
Montagmorgen
Der Gatte hat mir einen Tee mit Ingwer gemacht. Viel Ingwer. Meine Schnute brennt und mein Bauch und Kopf jammern kläglich: „Kaffee?“ – „Ja gleich.“ Mütterliches beruhigen und sich selbst den Kopf tätscheln. Irgendwann muss ich mich mal um meinen ausgeprägten Hang zu Selbstgesprächen kümmern. Aber so ist wenigstens immer jemand da, mit dem ich reden kann. Und im Alter wird das auch leichter, denn irgendein Körperteil jammert ja schließlich immer und verlangt Aufmerksamkeit.
Andererseits…könnte ich diese Gespräche auch mit Jesus, statt mit meinem Bauch oder meinem Knie oder meinem Kopf führen. Das wäre nicht nur sinnvoller, sondern auch erfüllender. Aber es ist gar nicht so leicht.
Gestern im Gottesdienst ging es um das Fasten. Ein Satz ist mir besonders hängen geblieben:
„Fasten ist ein Ausdruck der Sehnsucht der Braut Christi nach ihrem Bräutigam.“
Ausdruck der Sehnsucht. In mir drin, ganz tief drin, hat etwas auf diese Worte reagiert. Sehnsucht. Ja, die habe ich. Nach Veränderung, nach zu Hause, nach Nähe, nach Jesus. Irgendwie alles gleichzeitig und konfus.
Vielleicht ist es auch einfach nur die Sehnsucht nach der Sehnsucht. Der Wunsch danach, mich ganz nach Gott zu sehnen. Nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen. Mit allen Teilen in mir, die ich nicht direkt beeinflussen und steuern kann. Die Sehnsucht nach der ersten Liebe.
Die Sehnsucht danach, meine aktuelle Überforderung nicht mehr mit YouTube, Büchern oder endlosen Selbstgesprächen zuzudecken. Sondern mich dem Ganzen gemeinsam mit Jesus zu stellen. Vielleicht manches loszulassen und als Sackgasse in einem Irrgarten anzuerkennen. Raus aus dem Hamsterrad.
Also folge ich diesem Ruf. Der Suche nach dem Fokus, der Sehnsucht, der ersten Liebe.
Wie genau, das wird sich noch zeigen. Dieses Jahr gibt es keine ehrgeizigen Fastenambitionen. Es ist eher ein kindliches Hände ausstrecken nach dem himmlischen Papa. Und eben die Sehnsucht nach der Sehnsucht. Nicht mehr und nicht weniger.
2 Comments
Sanna
Danach sehne ich mich auch und ich strecke mit dir die Hände aus. Freitagmorgen.
Ich sitze am PC, das Kind ist heute noch einmal in der Notbetreuung im Kindi, ich bin Schulleiterin, ich soll jetzt planen im Auftrag der Ministerin, wie die Grundschüler geteilt zurückkehren. Und vor meinem ersten Onlinetreffen mit den Kolleginnen sitze ich hier und verdrücke ein paar stille Tränen, weil ich einfach nicht mehr kann, während mein Mann neben mir versucht, irgendein PC- Dings in den USA zum Laufen zu bringen. Vielleicht ist in all dem Schweren gerade das die bahnbrechende Erkenntnis: das es tatsächlich NICHT klappt, mit Büchern, Filmen und allem anderen, was wir sonst noch versuchen, die wirkliche Sehnsucht zu stillen. Ich erschrecke auch darüber, dass die Braut sich nicht nach dem Bräutigam sehnt. Ich strecke jetzt die Hand aus und möchte an SEINER Hand hängend diesem Tag begegnen.
Tine
Liebe Sanna,
dein Kommentar hat mich so berührt. Ich wünsche dir von Herzen, dass du dich in den nächsten Tagen und Wochen von Jesus getragen spürst. Und dass er dir ganz viel Weisheit gibt, bei den Entscheidungen, die nun anstehen. Es ist schon heftig, was für Lasten einzelnen Menschen auf die Schultern gelegt werden. Ein lieber Gruß, eine Umarmung und ganz viel Jesus.
Tine