Berührt
Kennt ihr das? Man liest einen Text und ist innerlich berührt, weil er Worte für etwas findet, was man selbst lange empfunden hat, aber nicht richtig greifen konnte. Und plötzlich liegt es vor einem, klar und (be)greifbar. Man liest den Abschnitt immer wieder, horcht in sich hinein, stupst die Empfindungen an, die in einem aufsteigen. Manchmal muss ich dann glucksen und lachen, manchmal kommen Tränen. Und manchmal lehne ich mich einfach nur mit einem Seufzen zurück.
Die folgenden zwei Texte von Vera Kaltenbach enthalten solche Passagen. Danke Vera, dass du deine Texte mit uns teilst und ich sie hier auf dem Blog veröffentlichen darf.
Gedanken über Gedanken
Manchmal kleben sie an Dir
Wie schweißgetränkte Kleidung,
Manchmal galoppieren sie davon
Wie eine Horde Wildpferde,
Sie können Dich gefangen nehmen und lähmen,
Gleichermaßen jedoch auch beflügeln.
Manchmal fahren sie Karussell
Oder laden die Gefühle zur Achterbahnfahrt ein.
Sie können wüten und hämmern
Oder sanft mit den Wolken hinziehn.
Manchmal leuchten sie in den schönsten Farben,
Manchmal versenken sie alles in Grau.
Sie können Dich in Abgründe führen
Oder Dich emporheben zu einem Perspektivenwechsel.
Sie können Dir Lügen erzählen
Oder Schätze entdecken lassen.
Sie können Dir den Schlaf rauben
Oder ins Land der Träume führen
Du kannst sie nicht kontrollieren,
nur loslassen und Grenzen setzen.
Mögen sie Schafen gleichen,
Die die Stimme ihres Hirten kennen und ihr folgen!
Vera Kaltenbach
Bergzeit
In den Bergen
Entkomme ich
Dem Lärm und der Reizüberflutung
Entschleunige ich
Vom Lebenstempo unserer Zeit
Werde ich achtsam
Schritt für Schritt
Mit Blick auf das Kreuz
In den Bergen
Atme ich Frieden,
Der sich in der Stille offenbart
Und wolkenleicht ins Herz senkt,
Bewundere ich Schönheit
Selbst zwischen Fels und Eis,
Sehe ich Leben,
Das trotz Kargheit Wege findet
In den Bergen
Weht leise die Sehnsucht
Um schneebedeckte Gipfel
Bekleidet mit Licht,
überfliessend mit klarem Wasser,
Geschmückt mit zarten Blumen
Am Rande stiller Seen
Zwischen alten Kiefern
In den Bergen
Suche ich Zuflucht
Abseits der großen Städte
Abseits von Konsum und Anonymität
Ein warmes Essen, eine Dusche, ein Bett,
Vielleicht auch nur ein Platz
Am wärmenden Feuer einer Hütte
Glück kann so einfach sein…
In den Bergen Fühle ich Freiheit,
Ahne ich Ewigkeit
Und dennoch
Kann ich Dir Gott dort oben
Nicht näher sein
Als gerade hier und jetzt…in meinem Herzen!
Vera Kaltenbach
2 Comments
Miriam
Wunderschön, Danke fürs Teilen!
christina
wie wertvoll! Heute besonders der Gedanke:
Mögen die Gedanken Schafen gleichen, die der Stimme ihres HIrten folgen….
Hört ihr? -unruhige Gedanken: Folgen.
Danke an Vera :