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Jesus macht das schon

Es ist Sonntag morgens, 6.00 Uhr. Ich sitze mit Bibel und Kaffee bewaffnet auf meinem Sessel und versuche mich selbst davon zu überzeugen, wie unglaublich entspannt ich bin. Im Predigerseminar hat man uns schließlich auf so eine Situation vorbereitet: wenn man mit predigen dran ist, aber keine Predigt hat. Weil trotz aller Anstrengung kein ausreichendes Zeitfenster da war, in dem man sie hätte schreiben können. Gott sieht das und hilft einem dann, hieß es. Man solle die verbleibende Zeit ins Gebet investieren und anschließend das Wenige weitergeben, das man hat. Gott mache dann den Rest. Hm…okay…also eigentlich alles wie immer.

Zugegeben, damals, aus der Sicherheit des Seminars heraus gedacht, fühlte sich dieses Szenario sogar recht attraktiv an. Denn es schwang eine Mischung aus Nervenkitzel und Vertrauen mit. Abenteuer. Jesus übernimmt für einen die Predigt. Wie cool.

Doch nun, nur wenige Stunden bevor diese Situation Realität werden wird, fühlt es sich nicht mehr so attraktiv an und auch nicht mehr gut. Abenteuer? Ja, und wie. Ich glaub ich mag keine Abenteuer. Im gleichen Moment verlassen mich dann auch schon die Nerven. Die Gebete sind bruchstückhaft und bestehen eigentlich nur noch aus „Jesus….Jesus….Jesus“. (Das ist ein bisschen die fromme Version von „Oh Gott, oh Gott, oh Gott.“)

Verzweifelt starre ich auf meine Bibel. „Jesus, nun sag doch was.“ Aber aktuell würde sagen nichts mehr bringen. Er müsste schon schreien, um gegen den Sturm meiner Gedanken anzukommen. Ich entwickle hektisch ein grobes Predigtkonzept, angelehnt an eine Auslegung, die ich vor kurzem geschrieben habe. So. Beten und jetzt macht Jesus den Rest.

Doch es will nicht so recht klappen. Immer wieder versuche ich den Faden zu finden, versuche es durchzusprechen. Und immer wieder verliere ich mich in Details und Randthemen. Buchstäblich stundenlang.

Es klappt nicht.

Inzwischen ist es kurz nach zwölf Uhr. Eine Freundin hat angerufen und für mich gebetet. Sie wird die Gottesdienstleitung machen und freut sich schon sehr. Sie hat mich beruhigt und gleichzeitig fühle ich mich schuldig, weil ich immer noch nichts vorzuweisen habe.

Dann fällt mir ein Spruch von Augustinus ein.„In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“ Ich horche in mich hinein und suche nach etwas, das brennt. Außer meinem Magen. Und schließlich finde ich es: Die private Zeit mit Jesus. Das Anlehnen an ihn, das Atmen und sein dürfen. Und dann mit Jesus zusammen in die Bibel zu gehen, einen Vers heraus zu suchen und diesen durchzugehen. Fragen zu stellen, Antworten aufzuschreiben. So lange zu graben und zu buddeln, bis man auf einen Schatz stößt. Das liebe ich. Es gibt eine Methode, die mir dabei besonders hilft: Bibelmeditation.

Darf ich diese Leidenschaft des Buddelns und Grabens teilen? Nicht als Predigt, sondern als Workshop. Die Menschen, die ich liebe mit hinein nehmen in das, was mich so fasziniert. Ich bin unsicher, denn ich weiß, dass meine Faszination für die Bibel längst nicht von jedem geteilt wird; dass einige es sogar als Druck empfinden. Und diesen Druck will ich auf keinen Fall verstärken. Ich will locken, nicht drängen.

Für Zweifel bleibt keine Zeit mehr. Ich schaffe es gerade noch unter die Dusche zu springen, die Sachen für den kurz entschlossenen Workshop zusammen zu suchen und alles zum Auto zu tragen.

Der Gottesdienst wird für mich eine Achterbahnfahrt. Die Freude meine Lieblingsmenschen zu sehen, der vergebliche Versuch bei der Musik des Lobpreises anzubeten, schließlich der Workshop. Mein Herz hämmert und das Blut rauscht so laut in meinen Ohren, dass ich mich selbst kaum verstehe. Ich schalte auf Autopilot und hoffe, dass Jesus übernimmt. Dann ist es auch schon vorbei. Umarmungen, Verabschiedungen, Jacke an, raus. Erschöpft, verwirrt und irgendwie desillusioniert sitze ich in meinem Auto. War das jetzt gut oder war es eine Katastrophe? Haben die Leute etwas für sich mitnehmen können? War Jesus dabei?

Ich eiere nach Hause, falle dort auf die Couch und spüre wie die Post-Predigt-Depression nach mir greift. Ich fühle mich leer und habe nur die stille Hoffnung an diesem Nachmittag nicht mehr kaputt gemacht, als aufgebaut zu haben. Müde packe alle meine destruktiven Gefühle und Gedanken zu einem Paket und gebe es in einem kurzen Gebet an Gott zurück. Er hat mich auf diese Position gesetzt. Ich habe mein Bestes gegeben. Das war nur heute nicht so wirklich viel. „Mach was draus Jesus. Ich kann nicht mehr.“

Heute, nur einen Tag später, weiß ich, dass Jesus tatsächlich etwas draus gemacht hat. Er hat die Zeit genutzt und hat zu Menschen gesprochen, ist ihnen in der Bibelmeditation begegnet. Einzelne Nachrichten erreichen mich, von Menschen, die von Jesus berührt wurden, die Strahlen. Dieses Strahlen steckt mich an und Stück für Stück kann ich die schlechten Gefühle abschütteln.

Danke Jesus, dass du mich auch gebrauchen kannst, wenn ich so gar nicht funktionieren will. Danke, dass du Menschen begegnest und uns diese speziellen Zeiten mit dir schenkst. Es gibt nichts schöneres als zu sehen, wie du wirkst.

5 Comments

  • Christina

    Liebe Tine! Es war toll! Mir ist der Bibelvers immer noch im Kopf, was bei meiner Vergesslicheit einfach unglaublich ist! Jesus hat`s gemacht ….zusammen mir dir. 🙂 LG!!!

  • Sonja

    Liebe Tine! So ehrlich geschrieben – ich wäre am allerliebsten dabei gewesen! Und ich habe mich selber so ertappt gefühlt: Was sich in der Theorie abenteuerlich und mutig anhört, ist dann in der Praxis so ein verzweifeltes Aufheulen… Danke, dass du dafür Worte gefunden hast! Liebste Grüsse, Sonja

  • die Vorgärtnerin

    Sooooo oft behalte ich von einer praktischen Übung viel mehr als von einem langen Frontaltext, egal wie toll er ausgearbeitet ist.
    Mach das öfter! Sei mutig.
    Du bist nicht die, die es machen wird, (a.k.a. die „fest“ ist), sondern richtig erkannt: Jesus macht es. Er will jedem so begegnen, wie es gerade nötig ist. Jedem auf seine Art. Welche Chancen hätte eine Predigt ihnen da vorenthalten!
    Ich hab leicht reden, ich komm im Jahr auf 3 bis 4 Predigten, für die dann reichlich Zeit ist für einen Entwurf, Ausarbeitung, feststellen, dass es Mist ist, noch mal Entwurf und Ausarbeitung (so wie ich es im Predigerseminar gelernt habe 🙂 ), vielleicht auch ganz und gar das Thema wechseln oder einfach zwei nehmen, und so weiter.
    Meine Erfahrungen als Predigthörer sind also weitaus umfangreicher.
    Wahrscheinlich war es ein absolut gesegneter Godi, nur hat Mister S sich zwischen dich und den Segen gestellt.
    Der Doofi.

  • Franz

    Hey du,
    Es war wunderbar. Was mich tief berührt hat, war zu merken mit welcher Aufmerksamkeit alle an deinen Worten hingen und im Lobpreis in aller Einfachheit Gott anbeteten. Die Sehnsucht nach Jesus war so spürbar. Wow. Wie Becky es sagte, zu spüren wie wir in unserer Unterschiedlichkeit gemeinsam auf der Suche nach ihm sind und mit solcher Echtheit, das war toll. Es war in Kairos. Danke für das Teilen.

  • Becky

    Wenn ich das hier jetzt nicht gelesen hätte, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass der Workshop nicht von langer Hand anstatt einer Predigt geplant gewesen wäre 😆
    Alles gut, ich glaube es war für alle eine echt gute Inspiration, das auch mal Zuhaus zu mache. Weil ich -und bestimmt viele Andere auch – öfters mal da sitzen und nicht so richtig wissen, was sie denn jetzt mit der Bibel in der Hand anfangen sollen… Danke dafür!

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