alltägliches,  zurück zu Jesus

Das gemeinsame Frühstück entfällt

Ich liebe den frühen Morgen. Für viele ist das der absolute Irrsinn – verständlicher Weise. Aber ich mag die Zeit der Ruhe. Die Zeit vor all den Mails, Telefonaten und Aufgaben. Die Zeit, in der ich nicht funktionieren muss, sondern einfach sein darf – ungeschminkt und langsam, mit Kissenabdruck im Gesicht.

Mein Tag beginnt gegen halb sieben und die erste Stunde vom Tag gehört mir. Erst wird Kaffee gekocht und dann kuschle ich mich mit Decke und Bibel auf meinen Lieblingssessel. Frühstück mit Jesus.

Heute nicht.

Heute fühle ich mich wund und verletzlich und ich würde es nicht ertragen, würde Gott an diesem Morgen schweigen. Also vermeide ich jede Situation, in der ich etwas von ihm erwarten könnte.

Ich gestehe ihm ein Lobpreislied zu, allerdings nur via mp3 und halb übertönt vom Geschrabbel der elektrischen Zahnbürste in meinem Mund. Ein kurzes Gebet, in dem ich Gott mitteile, dass das gemeinsame Frühstück heute ausfällt. Und dass ich weiß, dass er mich liebt, aber dass ich mir manchmal nicht sicher bin, ob er meine Schmerzen wirklich wahrnimmt. Ein wenig ein schlechtes Gewissen habe ich, denn schließlich geht es mir ja gut. Eigentlich.

Seit knapp vier Jahren versuchen mein Mann und ich ein Kind zu bekommen. Aus dem anfänglich fiebrigen Hoffen, wurde zuversichtliches Warten, bis die Zuversicht irgendwann still schweigend verschwand. Seit einem Jahr schwanke ich zwischen Verzweiflung und akzeptieren wollen. An manchen Tagen ist es in Ordnung. Wir können ausschlafen, reisen, Essen gehen. Wir können uns in der Gemeinde engagieren, wir müssen zeitlich auf niemanden Rücksicht nehmen. Wir sind unabhängig. An anderen Tagen schlägt die Leere voll zu und mir bleibt nichts anderes übrig als mich mit meinem vollen Gewicht an Jesus zu hängen und zu hoffen, dass er nicht loslässt. Manchmal habe ich das Gefühl unter den Aufgaben und dem Entschluss andere mit meinem Leid nicht zu belasten, einfach zu verschwinden. Siehst du mich noch Jesus? Siehst du noch wie es mir wirklich geht? Ich sehe es selbst kaum mehr.

Heute ist so ein Tag. Ich fühle mich schon Morgens erschöpft. Die Wohnung ist heute keine Oase der Ruhe sondern so still wie ein Grab. Ich schleiche ins Bad, von dort zurück ins Wohnzimmer und kämpfe mit den Tränen, während eine schneidende Stimme in meinem Kopf sagt: „Stell dich nicht so an. Anderen geht’s viel schlechter. Du lebst in einer glücklichen Ehe, das ist ein riesen Geschenk….und überhaupt, in Afrika verhungern Kinder!“ ….Ja, stimmt ja; irgendwie.

Ich gehe auf meinen Sessel, rolle mich zu einem Ball, ziehe die Decke über mich und frage mich, ob ich unsichtbar werden könnte, wenn ich nur lange genug die Augen zu mache. Hat aber als Kind schon nicht geklappt. Also mache ich seufzend den Laptop an, beschließe aber unter der Decke und im Schlafanzug zu bleiben. Ein trotziges Zugeständnis an mein wundes Inneres und der Segen der im Homeoffice arbeitenden. Auf dem Bildschirm meines PCs blinkt es – sie haben eine neue Nachricht. Meine Laune bessert sich etwas, als ich den Absender lese. Meine Freundin Christina.

Sie schreibt mir ein paar liebe Zeilen, dass sie heute Morgen sehr an mich denken muss. Und sie schickt mir einen Link zu einem Text, den sie vor über einem Jahr geschrieben hat. Über den Muttertag, wenn man keine Mutter sein darf. Und als ich den Text lese weiß ich, dass es nicht nur sie ist, die mir hier einen Gruß sendet. 

Danke für jeden Augenblick im vergangenen Jahr, an dem du dich um Gottes geliebte Kinder gekümmert hast.

Danke für deine Fürsorglichkeit, für deine Hingabe im kleinen, alle die Momente die kaum jemand wahrgenommen hat. 

Danke, dass du deine Sehnsucht bewahrst, ein Ort an dem dir Gott immer wieder ganz nah begegnen kann. 

Danke für deine Geduld und Liebe. 

Ich sehe dich. Gott sieht dich. 

Danke.

(Den kompletten Text gibt es hier.)

Da ist es, das Reden Gottes, nach dem ich mich heute Morgen so sehne, und an das ich nicht glauben wollte. In den warmen Worten die ich lese, schwingt die Stimme von Jesus mit. „Ich sehe Dich. An jedem Tag. Ich lass Dich nicht los.“

Zum Glück ist Jesus nicht an die Kanäle gebunden, die ich ihm zubillige. Und er ist so viel näher und liebevoller, als ich es oft erwarte.

4 Comments

  • Sonja

    Danke für diesen wunderbar ehrlichen und auch sonst wunderbaren Artikel. Er macht Mut! Grad deshalb, weil er mein Erleben widerspiegelt – und Sein Handeln eben auch. Herzliche Grüsse aus Zürich, Sonja

    • Tine

      Hallo Sonja,
      hab vielen Dank!

      Gerade bin ich über deinen Namen auf deinen Blog gekommen und freue mich nun aufs Schmökern.
      Lieber Gruß in die Schweiz
      Tine

  • Katrin

    Hallo liebe Tine. Danke für deinen großartigen Text und deinen Mut eine eigene Seite online zu stellen. Ich bin sehr stolz dich in meinem Leben haben zu dürfen. Mach weiter so, du bist ein wunderbarer Mensch!

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