alltägliches

Hinter den Kulissen

Es ist Sonntagabend. Ich liege eingekuschelt und noch badewasserwarm auf der neuen Couch. Eine Insel mitten im Renovierungschaos. Auf meinem Schoß der Terminkalender mit den Daten der nächsten Woche. Mein Blick bleibt an der Erinnerung für den Blogeintrag vom Dienstag hängen.

Appetit kommt beim Essen, Ideen kommen beim Schreiben. Ich lege los.

Mein Mann telefoniert. Neben mir. Mit Lautsprecher, viel Lachen und Juchhei. Versuche mich zu konzentrieren, klappt aber nicht und ich verliere ständig den Faden. Wieso kann man die Augen zu machen, aber die Ohren nicht? Rauswerfen kann ich ihn aber nicht…wohin denn? Die anderen Zimmer sind buchstäblich bodenlos.

Kapitulation. Ich gehe ins Bett.


Es ist Montagmorgen. Gleicher Ort, nächster Versuch. Kakao für die Seele, draußen geht die Sonne auf. Das Leben ist schön.

Faden aufsammeln, weiter geht’s. Die ersten Sätze fließen und langsam bekomme ich ein Gefühl für den Text. Es ist schön zu schreiben. Die Gedanken klären sich. Still bete ich, dass der Text Dinge beinhaltet, die nicht nur mir, sondern auch euch gut tun. Dass Jesus euch durch den Text etwas zurückschenkt, für die Zeit, die ihr investiert, um ihn zu lesen.

Es klingelt. Die Handwerker sind da. Meine Konzentration ist…hinüber. Die beiden Jungs sind nett und entspannt. Nur ich bin verkrampft und hocke da wie ein Kaninchen, das nen Fuchs im Bau hat.

Atemübungen und Starren auf den PC. Konzentration. Konzentration. KONZENTRATION.


Der nette Handwerker raucht. Auf dem Balkon. Dieser grenzt ans Wohnzimmer, also da wo ich sitze. Der einzige Ort, wo ich mich zurückziehen kann. Konversation. Nur kurz, aber es reicht, um endgültig den Faden zu verlieren.

Was wollte ich eigentlich schreiben?


Ein Handwerker singt. Fröhlicher Mensch. Mag ich. Eigentlich.

Mein Kopf singt in der gleichen Melodie: schreiben, schreiben, schreiben. Was wollte ich nur schreiben?

Dann meldet sich plötzlich eine ganz andere Körperregion. Ich muss mal. Ich will nicht müssen müssen, wenn fremde Männer potentiell zuhören können, das Klo ist direkt neben dem Raum, in dem die Jungs arbeiten. Ich lausche. Der Handwerker hat inzwischen aber leider aufgehört zu singen. Hätte ich nur nicht so viel Kakao getrunken.


Hypnotisches Starren. Ich nenne das Kunstwerk ‚Blinkenden Cursor vor weißem Hintergrund‘.

Versuche die Handwerkergeräuschen den verschiedenen Tätigkeiten zuzuordnen. Klebeband abrollen, irgendwas mit Folie. Akkuschrauber. Kreissäge. Draußen strahlt die Sonne vom blauen Himmel. Der Nachbar bohrt. Warum sollte es ihm besser gehen als mir.


Fasse den Entschluss ehrlich zu sein, zu euch und zu mir selbst. Gerade kann ich nicht schreiben, kann nicht abtauchen und nach Worten suchen. Manchmal ist das Leben einfach so. Ich brauche ein paar Tage um zu sortieren. Und vor allem brauche ich wieder ein bisschen mehr (buchstäblichen) Raum, um mich konzentrieren zu können. Fühlt euch umarmt. Ich melde mich, sobald ich wieder Land sehe. Falls ihr mögt, kann ich auch immer mal Statusbericht geben.

4 Comments

  • Sonja

    Ach, liebste Tine, DANKE für diesen wohltuenden, ehrlichen Blick hinter die Kulisse. Mir tut das gerade gut, denn dieses hübsche Kunstwerk kenne ich auch. Und auch die unzähligen Ablenkungen, von innen und von aussen. Schön zu wissen, dass ich damit nicht allein bin. Sei fest umarmt!!!

    • Tine

      Danke, du bist ein Schatz. In Gedanken sitze ich ganz oft mit dir in dem kleinen Park unter dem Rosenstrauch, von dem du mal geschrieben hast. Oder ich denke einfach nur an deinen herrlichen Blogbeitragstitel: Scheiß auf die Balance. 🙂 Du tust so gut.

    • Tine

      Hach, du Goldstück. Ich arbeite gerade an einer Fotostrecke: von der Kunst im Chaos zu (über)leben. Aber langsam wird’s besser. Der Schokoladenkonsum ist allerdings unterirdisch.

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