alltägliches

Wolkentage

Ich stecke in einer Wolke. Buchstäblich. Seit zwei Tagen sieht man draußen die Hand vor Augen kaum. Es gibt keine Farben mehr, nur noch diffuses grau. Eine Freundin lebt ein paar Kilometer südöstlich auf einer Anhöhe und schickt mir ein Bild von ihrem morgendlichen Spaziergang. Es ist ein wunderschönes Spätherbstfoto, das ein wolkenverhangenes Tal zeigt. Irgendwo mittendrin in diesem wattig-flauschigen Nebelsee bin ich. Leider sieht es von nahem nicht ganz so flauschig aus.

Eigentlich stört mich die Wolke nicht sonderlich. In den letzten Wochen starre ich meist eh auf Windows, bzw. auf Word und nicht aus dem Fenster. Ich schreibe. Nein, nicht an einem Buch. Nicht mal an meinem Blog, was mir ein konstantes schlechtes Gewissen macht.

Die meiste Zeit schreibe ich an Arbeiten für mein Studium. Oder an Schreibaufträgen. Oder an Predigten. Oder an kleinen Andachten. Da es inhaltlich meist um Jesus geht, verschwimmen die verschiedenen Bereiche miteinander. Wie draußen die Schemen der Häuser und Bäume.

Ich bin gestresst und müde. Dabei tue ich eigentlich das was ich immer wollte. Wann immer ich in der Vergangenheit mein Traumleben beschreiben sollte, dann sah das etwa so aus:  „Ich lebe in einem sonnendurchfluteten Haus, irgendwo in der Natur. Ich bin wunderschön und verbringe meinen Tag tee- und kaffeetrinkend hinter meiner Schreibmaschine.“

Ich lebe zwar nicht in einem Haus in der Natur und auch über manch anderen Punkt meiner Phantasie kann man streiten – aber ich darf schreiben. Ich darf den Traum leben und noch dazu darf ich in meinen Texten über Jesus erzählen. Volltreffer. Oder?

Ich schaue noch einmal auf das Foto meiner Freundin. Von außen sieht das Nebeltal wie ein verzauberter Ort aus. Eingerahmt von den vielen Herbstfarben, und beschienen von der Sonne, verschwimmt es im Hintergrund mit dem Horizont und macht das Bild harmonisch. Aber aus der Innenperspektive sehe ich weder die Sonne noch die Farben.

Ist es das, was viele Mamas erzählen, wenn sie übermüdet von ihrem Familienalltag berichten? Von unbezwingbaren Wäschebergen, durchwachten Nächten und der Unmöglichkeit ein Gespräch ohne Unterbrechung bis zum Ende zu führen? Vielleicht. Dennoch würden wohl die wenigsten ihr Leben tauschen wollen. Nur wäre eben manchmal eine kleine Pause nett. Oder ein Blick von oben und außen, damit man nicht vergisst, dass die Sonne scheint und es Herbstfarben rund um die Wolke gibt.

Nein, ich bin nicht unglücklich. Ich bin genau da, wo ich sein möchte.  Ich lebe einen Traum. Nur gerade etwas viel von dem Traum und zu wenig von etwas anderem. Doch irgendwann wird das Studium geschafft sein. Und dann wird es wieder mehr Raum geben für Dinge abseits des Computers.  Bis dahin stelle ich eine Kerze in‘s Fenster und versuche den Zauber des Nebels da draußen zu genießen.

Und ich hoffe, ihr habt noch ein wenig Geduld mit mir, wenn ich es aktuell nicht schaffe jeden Dienstag zu schreiben.

Ein lieber Gruß aus der Wolke
Eure Tine

One Comment

  • Doro

    Hallo meine liebe Freundin aus der Wolke! Vielen Dank für deine Worte. Ja, ich glaube so fühle ich mich gerade, auch wenn ich die Herbstfarben dir geschickt habe. Ich sitze in einer Alltagswolke und weiß manchmal nicht wo oben und unten ist. Doch dank dir, weiß ich, dass es von außen betrachtet auch Farben und Schönheit drum herum gibt. Du bist ein Segen!

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